China! Gespräch mit dem größten Klavierhändler der Welt
Schon vor einigen Jahren hörte ich vom angeblich größten Klavierhändler der Welt. Ein Hongkong Chinese. Mr. Terence Ng, Inhaber der Firma „Parsons“. Mit einer riesigen Filialkette verkauft die Firma tausende Flügel und Piano jährlich. 2007 lernte ich Terence Ng auf der Namm-Show, der jährlich stattfindenden Musikmesse in Los Angeles, kennen.
Mittlerweile hatte er seine eigene Produktion von Klavieren aufgenommen und nicht nur eine weitere neue Fabrik in China in Betrieb genommen, sondern auch 40 % des deutschen Klavierherstellers Wilh. Steinberg erworben. An einer weiteren deutschen Firma ist er dran. Scheinbarer Glaube an Wachstum ohne Grenzen. Ehrgeiz ohne Ende. Mit einer Energie und Fleiß, die einen staunen lässt. Die Flügel und Klaviere, die seine Werke Richtung „westliche Hemisphäre“ verlassen, werden besser. Ein hoher Grad an industrialisierte Fertigung, wenig klangliche Individualität, möglichst billiger Preis, das scheint sich derzeit am besten zu verkaufen. Die großen asiatischen Hersteller der 80er und 90er Jahre haben den Weg bereitet.
Im Februar erhielten wir im Klavierhaus eine email, dass uns dieser Terence Ng besuchen wolle. Unsere Nachfrage hat ergeben, dass man sich im Rahmen einer Europareise anlässlich der Frankfurter Musikmesse einige Betriebe besichtigen wolle. Es ginge ihm darum zu sehen, wie die Klavierhäuser bei uns aussehen. Naja, warum nicht.
Und so war es dann: Am 13. März besuchte Mr. Ng das Klavierhaus Weinberger in Enns um sich anzusehen, wir in Österreich gearbeitet wird. Ich habe die Gelegenheit genutzt, das Wirtschaftswunder zu interviewen:
Bruno Weinberger: Mr. Ng, man sagt, sie wären der größte Klavierhändler der Welt und produzieren mehrere zehntausend Flügel und Klaviere pro Jahr.
Terence Ng: Ich habe meine Firma 1986 in Hongkong gegründet. Das erste Geschäft hatte 30 m² inklusive einer Musikschule. Jedes Jahr haben wir dann mehrere neue Geschäfte eröffnet, die immer größer und größer wurden, immer mit einer Musikschule dabei. Derzeit haben wir in Hongkong 23 Läden, in denen 15.000 Schüler Klavierunterricht erhalten. 1993 sind wir in China aktiv geworden.
Bruno Weinberger: 1993 China: Wie weit sind Sie heute dort engagiert?
Terence Ng: Wir haben derzeit 50 Geschäfte in den 25 größten Städten. Wir beschäftigen 2500 Menschen, 350 davon in Hongkong. Das betrifft die Bereiche Musikschulen, Verkauf und Produktion. Wir verkaufen derzeit ca. 16.000 Klaviere pro Jahr an Endkunden.
Bruno Weinberger: Wann haben Sie begonnen, eigene Klaviere zu fertigen?
Terence Ng: Das war 1997. Allerdings habe wir damit begonnen, alte Klavier zu reparieren. Es ging ja um den Bedarf an günstigen Klavieren für Kunden und unsere Musikschulen. Wir haben Mechaniken repariert, Gehäuse neu lackiert usw. Dabei haben wir begonnen, die Konstruktionen zu studieren. Unser erstes eigenes Klavier kam aus unserer Fabrik im September 2001. Wir sind sehr erfolgreich, weil wir die Qualität ständig steigern und im Vergleich zu anderen chinesischen Produkten einen Vorsprung haben.
Bruno Weinberger: Wie viele Instrumente stellen Sie derzeit her?
Terence Ng: Wir haben unserer Zahlen jedes Jahr gesteigert. Zuerst 1000, dann 2000, dann 4000, 7000 usw. Aktuell bauen wir knapp 30.000 Flügel und Pianos, aber unsere Kapazität beträgt über 35.000.
Bruno Weinberger: Spüren Sie keine Krise? Die ganze Welt jammert, nur bei Ihnen wird es immer mehr?
Terence Ng: Dieses Jahr wird sicher schwieriger. Wir werden heuer voraussichtlich 25.000 Instrumente bauen.
Bruno Weinberger: Wie läuft das mit Ihren Musikschulen genau? Erhalten Sie staatliche Unterstützung für die Lehrkräfte?
Terence Ng: Nein, das machen wir alleine. Es gibt keine staatlichen Klavierlehrer, alle arbeiten privat. In Hongkong leben 7 Million Menschen. Die klassische Musik genießt einen sehr hohen Stellenwert bei uns – alle wollen ein Musikinstrument lernen und Klavier besonders. Wir machen mit unseren Klavierschulen in Hongkong umgerechnet 12 Millionen Euro Umsatz. Die Lehrer bekommen davon 15% und sind sehr glücklich, denn sie haben alle Schüler an einem Platz und müssen nicht von Haus zu Haus fahren um zu unterrichten.
Bruno Weinberger: Wie geht das Musikschulgeschäft in China?
Terence Ng: Gar nicht bis jetzt. Die chinesische Regierung ist ganz heiß drauf, den gesamten Schul- & Ausbildungsbereich zu kontrollieren. Es ist extrem schwierig, eine Lizenz zu bekommen. Wir haben uns in China mit privaten Lehrern organisiert und bedienen auf diesem Weg nun etwa 15.000 Schüler. Es gibt in China aber viele staatliche Konservatorien und dort sind wir sehr erfolgreich, weil die meisten Klaviere bei uns gekauft werden. Aber der Markt ist riesig. Es gibt in China über 300 Städte mit mehr als 1 Million Einwohner. Aber nur 100 davon haben mehr als 3 Millionen Einwohner. Darauf konzentrieren wir uns.
Bruno Weinberger: Wie viele Klaviere werden in China derzeit produziert?
Terence Ng: 300.000
Bruno Weinberger: Was kostet ein kleines Piano für Musikschüler in China?
Terence Ng: Umgerechnet etwa 1.300 Euro.
Bruno Weinberger: Wer ist der größte Hersteller in China?
Terence Ng: Pearl River. Wir sind Nummer drei.
Bruno Weinberger: Was ist ihr Ziel? Wo wollen Sie in 10 Jahren stehen?
Terence Ng: Noch eine Fabrik mit 100.000 m² und 50.000 Pianos und 5.000 Flügel pro Jahr produzieren.
Bruno Weinberger: Vielen Dank fürs Gespräch.